Hannelore und Otto J.W. Düwer

Lehren

Blister segeln

Um vorwärts zu kommen, ist ein Blister unentbehrlich.

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 Die Segelgarderobe ist auf einfache Bedienung ausgelegt. Rollgroß und Rollgenua zusammen 50 m². Das war der Ausgangszustand.

Reffen Ende vier / geigen Anfang acht

Einfach sollte es auch bleiben. Also, neben dem Großbaum keine zusätzlichen Bäume. Mit einer optimierten Genua und einem Großsegel mit senkrechten Segellatten wurden daraus 63 m², die gerollt werden konnten. Mit Traveller -, Genuaschot - Holepunktverstellung und Achterstag - Spanner wurden die Einstellmöglichkeiten beider Segel nochmals verbessert. Aufgrund des geänderten Schnittes des Großsegels liegt der Segeldruckpunkt nun etwas näher zum Mast. Damit wurde die Tendenz zum Anluven verringert.

 Reffen Anfang fünf / geigen Ende sieben

Kann ein Ziel nur platt vor den Laken erreicht werden, ist nur das Kreuzen vor dem Wind effektiv, sofern das Vorsegel nicht ausgebaumt wird. Auf dem einen Schlag befinden sich Vor - und Großsegel auf einer Seite. Das Schiff wird nur soweit angeluvt bis das Vorsegel gerade voll steht. Für den anderen Schlag wird das Großsegel gehalst und somit der Großbaum in Luv gefahren, damit sich das Vorsegel in Lee aufblasen kann (Segelstellung: Schmetterling, siehe Bild). Dieses wird von mir als “ Eierkurs” bezeichnet, da je nach Wellengang und Windstärke das Großsegel häufig durch den Wind zu schlagen droht, wenn kein Bullenstander gesetzt wurde. Die beschriebene Art, ein Ziel direkt in Windrichtung zu erreichen hat den Vorteil, dass das Vorsegel immer auf einer Seite stehen bleiben kann. Dieser Vorteil wirkt sich besonders positiv aus, wenn statt der Rollgenua ein Blister für den Vortrieb sorgt. Den Großbaum in Lee zu fahren, ist zur Vermeidung einer Patenthalse zwar sicherer aber wenn dann das Vorsegel in Luv stehen soll, ist der Spielraum für einwandfreien Stand sehr gering. Nimmt man dagegen beide Segel auf die neue Seite, wird der Weg zum Ziel viel zu lang, wie die Beobachtung der  Navi- Anzeige VMG (Velocity Made Good) zeigt.

4:8 ist eine große Niederlage, 5:7 weckte schon ein bisschen Hoffnung. Um die Situation weiter zu verbessern musste ein Blister, 70 m², her. Der Blister ist in einem Bergeschlauch verpackt und im Vorschiff verstaut. Er wird mit einem Fall aus der Luke im Vorschiff gezogen und am Hals mit einer kurzen Leine über eine Rolle am Bugbeschlag geführt, auf den zentralen Poller im Vorschiff belegt und mit einem Rollenbügel an der aufgewickelten Genua befestigt. Die Schot (es ist nur eine vorhanden) wird nach achtern über eine Rolle auf die Winsch gelegt. Die Vorschiffsluke wird von außen geschlossen. Das Setzen des Blisters mit dem Bergeschlauch erfolgt immer im Windschatten des Großsegels. Wenn die Steuerfrau in gleichem Maße, wie der Bergeschlauch gezogen wird, die Schot dichter holt und etwas anluvt, steht der Blister sofort. Die Endlosleine des Bergeschlauches wird auf der Seereling belegt. Je nachdem wie hoch am Wind der Blister gefahren werden soll, ist die Halsleine dicht zu setzen. Bei raumen Kursen kann sie wieder gelockert werden, um den Blister etwas steigen zu lassen. Das Bergen des Blisters funktioniert in umgekehrter Reihenfolge gut. Schot fieren, Bergeschlauch runterziehen, Vorschiffsluke öffnen, Halsleine lösen, Fall fieren, Bergeschlauch im Vorschiff versenken, Fall abschlagen und am Anschlagpunkt eines Wantenspanners festsetzen, Vorschiffsluke schließen. Damit alles ohne Hektik ablaufen kann, ist beim Setzen auf die korrekte Fall- und Leinenführung zu achten und beim Bergen auf genügend Raum in Lee. Für die ersten Fahrversuche ist ein freier Seeraum vorteilhaft.

Reffen Anfang fünf / Anfang sechs Blister wegnehmen

Wenn es Blisterkurse gab, wurde er routinemäßig gesetzt. Alle Handlungen sind in Fleisch und Blut übergegangen. Manchmal mussten vor dem Bergen die Leinen des Bergeschlauches entwirrt werden. Bei viel Wind musste auch mal kräftig gezogen werden, um den Blister in den Bergeschlauch zu bekommen. Alles lösbare Kleinigkeiten. Auch das Schiften des Blisters wurde im Zusammenwirken mit der Steuerfrau bei moderaten Winden häufig fliegend vorgenommen. Schot in die Hand, um das Vorstag nehmen, wieder nach achtern, erstmal auf der Winsch provisorisch festsetzen, so dass das Ende entlastet ist und leicht über die Rolle zur Winsch geführt werden kann, und anschließend Schot auf dem neuen Bug richtig einstellen.

Der Blister wölbte sich bei wenig Wind nicht so richtig, deshalb bekam er auch den Beinamen “ nasser Wollmantel”. Viel Wind konnte er, bis auf seiner letzten Reise, gut vertragen. Eine Reise Platt vorm Laken. Es stand der Wechsel von “ beide Segel auf einer Seite” zu “ Großsegel auf die andere Seite schiften” bevor. Bei starkem Winddruck lässt sich das Groß nicht einfach durch den Wind ziehen. Das Schiff muss soweit abfallen, bis Lose in die Großschot kommt. Schot behände dicht holen und nach Winddurchgang ausrauschen lassen. Beim Abfallen fällt auch der Blister zusammen, da er vorübergehend in die Abdeckung des Großsegels gelangt. Dabei passierte es hin und wieder, dass sich der nasse Wollmantel um die Radarschüssel legte, sich danach wieder frei zog und dann mit Schmetterling auf Eierkurs weitergemacht werden konnte. Bei seinem letzten Aufzug war der nasse Wollmantel etwas zu viel Wind ausgesetzt, er zog sich nicht frei, sondern aus, indem er seinen Reißverschluss öffnete. Das war es. Keine glatte Abrisskante, sondern Fetzen. Nichts mehr zu retten. Die Geburtsstunde des Gennakers, 74 m², war gekommen.

Reffen Anfang fünf / Ende fünf Gennaker wegnehmen

Unentschieden 5:5. Das sieht schon gut aus. Mehr ist nicht drin, ohne Verwendung eines weiteren Baumes für einen Spinnaker, ohne längerem Mast, beziehungsweise bei gleicher Mastlänge, ohne Verzicht auf Rollanlagen.

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