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In den ersten Jahren gelang es mir nicht, das Schiff ohne Schaden ins Winterlager zu bringen. Die Hauptursache waren Anlegemanöver. Der Umstieg von der Jolle (0,5 t) auf die Yacht (8 t) machte sich bemerkbar. Während die Jolle zum Anlegen mit Aufschießer zum Stehen gebracht wurde und durch reaktionsschnelles Abdrücken von Hand dirigiert werden konnte, musste die Yacht unter Motor in den Hafen bugsiert werden.
Der erste Schaden entstand gleich am ersten Tag, auf der Einweisungsfahrt. Der Wind stand quer zum Fingersteg. Das elegante mit langsamer Fahrt durchgeführte Anlegemanöver misslang, da der Wind das Schiff so weit vom Ausleger abdrängte, dass an ein Anlandkommen, durch seitliches Aussteigen, nicht zu denken war. Also voll rückwärts, neuer Anlauf. Das neue Konzept - etwas mehr Fahrt, Festmacher direkt auf den ersten Poller des Auslegers legen und dann auf die Mittschiffsklampe, anschließend in die Spring eindampfen. So wurde es gemacht, alles passte, der Poller wurde getroffen, die Spring saß, das Eindampfen mit voll voraus ließ sich gut an ..., bis das Ende vom Poller sprang. Das Schiff war nicht mehr zu bremsen. Der Steven machte Bekanntschaft mit dem Hauptsteg. Die Ursache, der Poller war kein solider, wie man es sich wünschen würde, sondern ein Bügel mit abgerundeten Ecken.
Die Lehre - gerade bei stärkerem Wind mit langsamer Fahrt immer gegen den Wind festmachen. Über den Bugkorb auf den Steg, Vorderleine belegen und das Schiff mit der Heckleine, die gegebenenfalls auch über den Bugkorb an Land gegeben wird, verholen.
Ein Jahr darauf, der gleiche Hafen, es ist herbstlich windig. Das letzte Anlegen mit dem Schiff, vor dem Abtakeln, stand bevor. Auf dem Steg beobachteten Leute unsere Annäherung und forderten, bei dem korrekt gegen den Wind durchgeführten Aufstoppen, die Festmacherleinen, sodass die Besatzung an Bord bleiben konnte. Die Vorleine war schnell gegriffen, die Achterleine, nach dem Wurf über einige Meter, in festen Händen. Alles bestens. Doch was geschah? Die Yachties waren der Meinung, die Leinen bis zur ordentlichen Liegeposition aus der Hand fahren zu können. Zumal das Belegen über die bereits erwähnten Bügel nicht jedermanns Sache ist. Achtern gelang es das Schiff in diese Position zu befördern, da es sich, unterstützt durch den Radeffekt, nach dem Rückwärtsgeben gegen den Wind dem luvwärtigen Fingersteg näherte. Vorn wurde der immer seitlicher einfallende Windeinfluss unterschätzt. Das Ergebnis, der Vorleinengreifer war nicht in der Lage, das Schiff gegen den Winddruck zu halten. Der Bug kam zwar am Dalben, der den Hauptsteg hält, noch vorbei aber am leewärtigen Fingersteg erst zum Stehen.
Die Lehre - es ist nicht zu erkennen, ob es sich bei den Helfern an Land um Kundige oder um Unkundige handelt. Deshalb Vorleine immer selber festmachen. Die Helfer an die Achterleine dirigieren oder Bugkorb anfassen lassen.
Ein weiteres Jahr drauf, wieder der gleiche Hafen, allerdings nicht wie gewohnt zwei Meter tief, bei mittlerem Niedrigwasser, sondern nur noch 80 Zentimeter. Die Verschlickung war weit fortgeschritten. Also Kiel hoch und anlegen. Alles bestens. Nichts passiert. Schiff zum Abtakeln vorbereitet. Baumniederholer und Segel abgeschlagen und im Vorschiff verstaut, Baum demontiert und an Deck festgezurrt, Splinte der Wantenspanner gezogen, Windmeßgerät, Topp- und Decksleuchte sowie Radar von der Stromversorgung getrennt und die Enden am Mast verzurrt. Sprayhood flachgelegt, Fallen, so gut es geht, festgebunden. Die letzte Nacht auf dem Schiff, vor dem Aus-dem-Wassergehen, das ist die Hölle. Alles klappert und klötert. Am nächsten Tag die letzte viertel Meile vom Hafen zum Kran an der Spundwand. Rumms, wieder eine unschöne Delle. Was war passiert? Der Kiel befand sich noch in der Stellung vom Vortag. Bei Geradeausfahrt ist, außer dass das Schiff bis zu einem Knoten schneller laufen kann, nichts zu spüren. Bei Drehung ist der Wendekreis um einige Meter größer. Den Weg holt man nicht wieder ein, da musste die Spundwand mithelfen.
Die Lehre - man muss an alles selber denken.
Wie gesagt, es hat gedauert, bis ich mich mit allen Eigenschaften des Schiffshandlings vertraut gemacht hatte. Die wichtigsten Punkte: Unter Motor immer im Uhrzeigersinn, durch den Wind, wegen des Radeffektes der Schraube. Bei Hafenmanövern immer den Kiel soweit wie möglich ausgefahren lassen. Erst wenn er im Schlick anfängt stecken zubleiben, etwas höher ziehen. Die Schiffsgeschwindigkeit bei Anlegemanövern so gering wie möglich. Immer gegen den Wind und gegen den Strom anlegen. Schiff vorne immer selber festmachen. Ausnahmen bestätigen die Regel.
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